Guatemala : ADAPTATE

Beitrag zum Genderwettbewerb GIZ 2018

Vorschlag von Esther Klauss, Entwicklungshelferin und Norbert Rose, Berater
Programm: Anpassung der Ländlichen Entwicklung an den Klimawandel PN: 2014.2166.8
Gender Kennung: GG1, OE 2500

1. Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter
Guatemala ist ein von Klimaveränderungen betroffenes Land in dem besonders die ländliche Bevölkerung und marginalisierte Bevölkerungsgruppen mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen haben. Mit der Frauenvereinigung “ANDÁ MIRA” in einem kleinen Dorf in der Nähe der Grenze zu El Salvador, wird ein an den Klimawandel ausgerichtetes Geschäftsmodell zur Geműse- und Obstproduktion im Rahmen der Wertschöpfungsketten- Förderung entwickelt.
Die Ungleichheit von Männern und Frauen in Guatemala ist verglichen im latein-amerikanischen Kontext extrem ausgeprägt. Guatemalas Global Gender Gap Index im Jahr 2014 liegt bei 48.7. Guatemala rangiert damit auf Platz 72 von insgesamt 135 Ländern.
Nach Informationen des Zentrums fűr Information, Entwicklung und juristische Datenerfassung (CIDEJ) der Justizbehörde Guatemalas (Organismo Judicial OJ), wurden in 2016 in der ersten Instanz der Gerichte 8153 Fälle von Strafvergehen in Verbindung mit Gewalt gegen Frauen behandelt. Davon wurden 3356 Strafvergehen mit Gerichtsurteilen geahndet.
Frauen in Guatemala sind traditionell für den Haushalt und die damit verbundene Versorgung der Kindern (und ggf. Eltern) zuständig. Innerhalb des Hauses hat der Mann so gut wie keine Funktion. Es ist in Guatemala üblich, dass Frauen ihre berufliche Tätigkeit meist über ihre häuslichen Pflichten hinaus zusätzlich übernehmen und dadurch einer starken Doppelbelastung ausgesetzt sind.
Einer Studie der Weltbank zufolge ist die Lohnungleichheit in Guatemala (nach Honduras) am zweitstärksten in Lateinamerika ausgeprägt. Die Geschlechter- Einkommenslücke (Gender Pay Gap) lag im Jahr 2008 in Guatemala bei 27,3% (Frauen verdienen also bei gleichwertiger Arbeit im Schnitt 30% weniger als Männer). Einer Studie Interamerikan-ischen Entwicklungsbank zu Folge wird dies zu 21% auf schlechteren Bildungsstand zurückgeführt.
Das Programm ADAPTATE unterstützt neue Geschäftsmodelle, die Möglichkeiten zur Diversifizierung bieten und gleichzeitig die Anpassung an Klimaveränderungen berűcksichtigen. Angesichts der steigenden Risiken der Landwirtschaft verbessert die Aufnahme zusätzlicher Einnahmequellen die ökonomische Resilienz der armen Landbevölkerung. Unternehmer, und insbesondere frauengeführte Kleinunternehmen, erhalten Unterstützung bei der Entwicklung ihrer unternehmerischen Tätigkeit, bei der Zusammenarbeit in der WSK und im Zugang zu Finanzierung. Mögliche klimaangepasste und ökologisch nachhaltige Geschäftsmodelle liegen zum Beispiel im Gartenbau. Sie bieten alternative Einkommensquellen und Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen und mindern damit indirekt den Druck auf fragile Naturressourcen. Die Lösungsansätze von ADAPTATE sind zugleich wirtschaftlich tragfähig, senken die Kosten und sind dazu geeignet, lokales wirtschaftliches Wachstum zu erzeugen und zusätzliche Arbeitsplätze fűr Frauen zu schaffen.

Das Vorhaben arbeitet u.a. eng mit dem Landwirtschaftsministerium auf der nationalen,
insbesondere aber auf der regionalen und lokalen Ebene zusammen und leistet einen
Beitrag zur Leistungssteigerung des Ministeriums bei der Umsetzung von Maßnahmen der
Klimaanpassung in ausgesuchten Wertschöpfungsketten. Unternehmen, Verbände und
insbesondere frauengefűhrte ländwirtschaftliche Organisationen, bzw Betriebe in den
WSK werden dazu ermuntert und befähigt, Leistungen von staatlichen und privaten
Institutionen im Ressourcen- und Klimaschutz aktiv einzufordern und mitzugestalten.
Die Asociación de Mujeres para el Desarrollo Integral ANDÁ MIRA, aus dem kleinen Dorf
El Coco, nahe der Grenze zu El Salvador im Municipio Jalpatagua ist ein wichtiger Akteur
der WSK Loroco, die das Programm ADAPTATE fördert. Bei der Förderung der WSK hat
das Team von ADAPTAE besonders auf die Unterstűtzung von frauengefűhrten
Organisationen geachtet. ANDÁ MIRA ist eine der wenigen frauengefűhrten
Organisationen in Guatemala, die eine klare sozial- und marktorientierte Ausrichtung hat.
Mit dem “Akteur” ANDÁ MIRA in der WSK Loroco und deren Vorsitzende wird erstmals
eine Frau als Vertreterin einer Wertschöpfungskette im Nationalrat fűr Agrarentwicklung –
CONADEA – vertreten sein. Die Vorsitzende von ANDÁ MIRA, Frau Gelin Arriaza, richtet
ihre Arbeit im CONADEA auf die Erarbeitung und Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards
innerhalb der Werstschöpfungsketten Guatemalas aus.
2. Gender als Qualitätsmerkmal unserer Arbeit
Mittels der Value Links-Methode hat das Programm ADAPTATE in Guatemala eine
patizipative WSK-Analyse durchgefűht und eine Strategie zur Verbesserung der WSK
Loroco mit allen Akteuren erarbeitet. Dabei wurde besonderen Wert auf die Sichtbarkeit
der Frauenbeteiligung bei der Wertschöpfung, etwa in der Ernte, der Weiterverarbeitung
und Kommerzialisierung gelegt. Etwa 90 % der Produzenten von Loroco (rund 1500) sind
subsistenz-wirtschaftende Familienbetriebe, in denen die Produktion von Loroco etwa 70%
des Familieneinkommens generiert. Die im Vergleich zu anderen Agrarprodukten (Tomate,
Paprika, Gurke) geringen Investitions-und Produktionskosten von Loroco machen das
Produkt besonders attraktiv fűr eine Gruppe von Agrarproduzenten (in diesem Fall
Frauen), die als nicht kreditwürdig gilt. Die geschlechter differrenzierte Analyse der
Wertschöpfungskette Loroco machte deutliche, dass Frauen eine entscheidende Rolle bei
der Wertschöpfung des Primärprodukts spielen. Gleichzeitig konnten geschlechter
spezifische Hindernisse, wie z.B Zugang zu Ausbildung und Krediten offengelegt und
diskutiert werden.
Das Landwirtschaftsministerium unterstűtzt das Programm ADAPTATE bei der Förderung
von Frauen in den agrarbasierten Wertschöpfungsketten. So gehört u.a. die besondere
Unterstűtzung der Produzentinnen im Agrarsektor zu den Zielen der Direktion fűr
Produktionsorganisation und Kommerzialisierung – DIFOPROCO – des Vizeministeriums
fűr ländliche Wirtschaftsentwicklung – VIDER. Durch die enge Zusammenarbeit mit
DIFOPROCO wird im weiteren Verlauf der Kooperation mit ADAPTATE Frau Arriaza dabei
unterstűtzt Sozial – und Umweltstandards in der Wertschöpfungskette Loroco zu
verankern.

3. Gender und WoM
Das Programm Anpassung der Ländlichen Entwicklung an den Klimawandel – ADAPTATE
berűcksichtigt die Gleichstellung der Geschlechter mit einem eigenen Indikator:
„Von den im Indikator 3 erfassten Betrieben (8) wenden eine Anzahl (50%) von Betrieben
neue Geschäftsmodelle an, die den Kriterien nachhaltiger und an den Klimawandel
angepasster Produktion entsprechen, davon profitieren frauengeführte Betriebe in
besonderem Maße“.
Die geschlechter spezifische Benachteiligungen von Frauen in den von ADAPTATE
geförderten Wertschöpfungsketten werden bei der Analyse besonders herausgestellt und
bei der Weiterentwicklung im Hinblick auf die Formulierung und Einhaltung der
Sozialstandards extra berűcksichtigt. Die Dokumentierung der Analyse und die Strategien
zur Weiterentwicklung der Wertschöpfungsketten ist Bestandteil des wirkungsorientierten
Monitoring von ADAPTATE.
Vier (4) von frauengefűhrte Unternehmen bzw. Organisationen im Agrarsektor, die im
Rahmen der Wertschöpfungsketten – Entwicklung/Anpassung von ADAPTATE unterztűtzt
werden, haben ihre Geschäftsmodelle diversifiziert. Die systematische Aufarbeitung der
Wertschöpfungsketten – Entwicklung/Anpassung ist zentraler Bestandteil der
Dokumentation von ADAPTATE.

4. Kooperation
Das Programm ADAPTATE hat im Departement El Progreso eine Analyse zur Situation
der Frau hinsichtlich der Beteiligung in Bűrgergremien und der Beschäftigung in Auftrag
gegeben. Die Verfassung Guatemalas und ein Gesetz zur Gleichstellung und
Verhinderung von Diskriminisation von Frauen sieht die Gleichstellung der Geschlechter
vor. Dem gegenűber steht die wachsende Zahl von Verbrechen und Gewalt gegen Frauen
und die extremen Unterschiede zwischen Männern und Frauen in der Bezahlung von
Arbeit, besonders in den ländlichen Gebieten. Im Gouverneur der Regionalverwaltung des
Departements El Progreso hat ADAPTATE einen Unterstűtzer gefunden, der aktiv die
Teilnahme von Frauen in den Gremien zur Bűrgerbeteiligung und Initiativen zur
Arbeitsbeschäftigung fördert.
Die Methode Value Link bringt alle Akteure einer Wertschöpfungskette zum Dialog
zusammen. Im Landwirtschaftsministerium hat ADAPTATE einen Partner, der die
Gleichstellung der Geschlechter im Agrarsektor Guatemalas aktiv untertűtzt. Die gender
differenzierte Analyse von Wertschöpfungsketten machte die Beteiligung von Frauen
deutlich und ermöglichte, Barrieren und Hindernisse fűr Frauen, sichtbar zu machen und
den Abbau der gleichen in die Wege zu leiten. Aber vor allen Dingen ging es in erster
Linien darum den Beitrag von Frauen an der Wertschöpfung sichtbar zu machen. Denn
dieser Beitrag wird in vielen Fällen nicht entlohnt, zB. in Familienbetrieben bei der Ernte
oder der Aufbereitung der Agrarprodukte. In der ersten Weiterverarbeitung des
Primärprodukts Loroco erzielen Frauenunternehmen auf ländlichen Märkten eine
Wertsteigerung von bis 200% bei der Herstellung von Maisfladen mit Loroco. Dieser bisher
unsichtbare Beitrag zur Wertsteigerung erstaunte bei der Analyse die auf Gautemalas
Grossmarkt ausgerichteten Produzenten.

Mit der Asociación de Mujeres para el Desarrollo Integral ANDÁ MIRA kooperiert
ADAPTATE mit einer Frauenorganisation in denen Männer integriert sind, die bisher die
landwirtschaftliche Produktion in dem kleinen Kreis an der Grenze zu Salvador bestimmt
haben. ANDA MIRÁ wird bei der Diversifizierung ihrer Produktion und des
Geschäftsmodells unterstűtzt.
ADAPTATE kooperiert bei der Entwicklung von Sozial- und Umweltstandards in
Werstschöpfungsketten desweiteren mit dem Nationalen Rat fűr Agrarentwicklung –
CONADEA-, dem der Landwirtschaftsminister vorsteht. Die Sozialstandards sollen
insbesondere der Stärkung von Frauen und die Sichtbarkeit ihrer Tätigkeiten/
Arbeitsleistungen als u.a Unternehmerinnen in den WSK herausstellen und fűr eine
bessere Bezahlung und Beschäftigungsmöglichkeiten fűhren.

Wichtige Erfolgsfaktoren waren:
a) Die Aushandlung und Vereinbarung einer strategischen Ausrichtung zur Fördeung
von Wertschöpfungsketten mit dem Landwirtschaftsministerium und mit der
Asociación de Mujeres para el Desarrollo Integral ANDÁ MIRA zur Förderung der
WSK Loroco und die Ausarbeitung von Sozial-und Umweltstandards in der WSK.
b) Mit der Anwendung von Value Link sind kooperative Partnerschaften innerhalb der
Wertschöpfungskette Loroco entstanden, die Veränderungsziele verfolgt, die zu
einer Stärkung von Frauen in den WSK fűhren.
c) Die Kooperationspartner haben einen innovativen Prozess zur Erstellung von
Sozial-und Umweltstandards in der Wertschöpfungskette Loroco angestoβen, in
dem u.a. die Beiträge und die Sichtbarkeit von Frauen und deren Gleichstellung
hervorgehoben wrden.