Epilog:
Wenn über eine Person nichts gesagt wird, wird diese schnell vergessen. In Somaliland w über junge Frauen und Mädchen nicht gesprochen, eine halbe Gesellschaft wird hier im täglichen Leben vergessen. LGBTX ist eine Straftat. Es stellt sich die Frage, wie funktionieren genderorientierte Maßnahmen im TVET Vorhaben Somalia, wenn niemand darüber sprechen mag. Es gilt einen Felsen abzutragen oder einen Stein ins Rollen zu bringen.
Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter
Qualifizierte Arbeitskräfte decken die Nachfrage des Arbeitsmarkts insbesondere im Energiesektor, das ist das Ziel des TVET Vorhabens im Somalia. Die Output-Indikatoren visualisieren 35 Prozent der Auszubildenden in den technischen Berufsschulen sollen junge Mädchen und Frauen sein. In einem stark männerdominierten Kontext ist das eine ständige Herausforderung für das Vorhaben im Projektzyklus. Es gilt Aufmerksamkeit zu schaffen im Team und bei Partnern für die TVET Gender Analyse und für das gender mapping, Interesse zu wecken bei der Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft als potentielle Arbeitgeber und letztlich den Wunsch bei den jungen Mädchen zu erzeugen, sich für eine Berufsausbildung zu entscheiden und sich für einen Schulplatz aktiv zu bewerben. Die Familien müssen ein Verständnis dafür bekommen, dass eine Berufliche Bildung für Mädchen und Frauen ein großer Schritt den zukünftigen beruflichen Weg der Mädchen ist.
Das TVET Projektteam entschied sich für das ´Rollen eines Steines´, d.h. eine konkrete Gender Aktivität im Bereich Kommunikation und Sichtbarkeit zu entwickeln, die eine direkte Einbindung von Zivilgesellschaft, Ministerium und Berufsschulen ermöglicht, den „Nationalen Preis für Mädchen im Bereich Berufliche Bildung in Somaliland“. Eine Intervention die leicht in weitere Regionen von Somalia skalierbar ist. Ein Preis für Mädchen und junge Frauen ist Teil der umfangreichen Kommunikationsstrategie, die im März 2021 durch das Bildungsministerium in Somaliland verabschiedet wurde. Zur Umsetzung der Strategie wird ein vierköpfiges Kommunikationsteam (3-C Team) auf Ministeriumsebene geschult (HCD-Maßnahme), um institutionelles Lernen sicherzustellen. Das 3-C Team wird zusammen mit den entwickelten Unterlagen als Multiplikatoren auf Schulebene eingesetzt werden. Im Rahmen des Projektes erfolgt die Koordination und Steuerung über den nationalen technischen Berater. Eine enge Begleitung der Prozesse zur Umsetzung der Kommunikationsstrategie des Bildungsministeriums mit unterschiedlichen Instrumenten ist maßgeblich, da es sich für sie um eine Innovation handelt, um den aktuell herrschenden Ruf der Beruflichen Bildung, nämlich Berufliche Bildung sei nur etwas für arme Menschen, zu begegnen.
Gender als Qualitätsmerkmal unserer Arbeit
Der Basisbaustein für den „Nationale Preis für Mädchen im Bereich Berufliche Bildung in Somaliland“ findet sich in der nationalen Kommunikationsstrategie für TVET in Somaliland. Von NAGAAD einer zivilen Organisation, die in ihrem Mitgliedernetzwerk mehr als 40 somalische Frauenorganisationen hat, wurde ein Konzeptvorschlag für die Implementierung des Nationalen Preises erarbeitet. Der Konzeptvorschlag wurde vom Projekt zusammen mit dem Zuschussempfänger redigiert und dem Bildungsministerium zur Kommentierung vorgelegt. Damit die nationalen technischen Berater, die als konkrete Ansprechpartner mit dem Ministerium die Implementierung steuern, ein verbessertes Grundverständnis zum Thema entwickelt, findet zeitgleich Blending Learning zum Thema Fairness zwischen Männer and Frauen statt. Des Weiteren wurden mit dem Bildungsministerium zusammen vier Mitarbeiter des Partners ausgewählt, die das 3-C Team bilden, um das Ministerium langfristig in diesen Bereichen Kommunikation und Gender zu fördern. Es wurde und wird seitens des Ministeriums darauf geachtet, dass mindestens eine weibliche Mitarbeiterin Teil des Teams ist. Das Team bekommt vom Zuschussempfänger Internationaler Bund (IB) regelmäßige Fortbildungen in den Themenfeldern rund um Kommunikation mit dem Ziel TVET-MitarbeiterInnen des Ministeriums zu befähigen, eigenständig Aktivitäten zu entwickeln, die zur Verbesserung des Selbstverständnisses von TVET in Somaliland beitragen.
Das Training festigt die Kapazitäten der Kommunikationsabteilung und des Teams und erweitert ihre Kompetenzen auf verschiedenen Ebenen. Das interaktive Onlinetraining wird mit Hilfe von Videolektionen und Handouts multipliziert distribuiert und ebenfalls anderen Ministerien und Schulen in den anderen Bundesländern von Somalia zur Verfügung gestellt. Das TVET Vorhaben gewährleistet so eine flächendeckende Weiterbildungsverbreitung. In der Weiterbildung geht es um unterschiedliche Themen der Kommunikation und deren Planung, was u.a. die Festlegung von Zielgruppen, Botschaften, Events, Bewusstseinsbildende Maßnahmen, Aktivitäten in den Sozialen Medien und vieles mehr umfasst. Neben vielen praktischen Übungen werden auch theoretische Grundlagen vermittelt. Alle Einheiten zielen auf Nachhaltigkeit und der Herausstellung von Vorteilen einer generellen diversifizierten Herangehensweise für TVET ab. Das interaktive Lernen und der Dialog hilft ‚Gender in TVET‘ immer wieder zu thematisieren und aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Das Aufzeigen unterschiedlichster beste Praxis Beispielen aus ähnlichen aber auch verschiedenen Kulturen, zeigt gleichzeitig die Vielschichtigkeit des Themas auf. Bis dato haben sich viele unterschiedliche Aspekte des Themas ‚Gender in TVET‘ in den Gesprächen herauskristallisiert und es ist offensichtlich, dass iteratives Einbringen des Themas während des Trainings, Meetings und Zusammenkünften aller Art zu einem verstärkten Bewusstsein und zur Selbstreflexion bei allen Beteiligten führt.
Die Veranstaltung in Somaliland für den Nationalen Preis für Mädchen im Bereich Berufliche Bildung in Somaliland wird praktisches Trainingsthema im 3-C Team, da gendergerechte Kommunikation und Veranstaltungsmanagement Teil der Weiterbildung ist. Neben der Akzeptanz zur Kommunikationsstrategie wird so auch mit einem verstärkten langfristigen aktiven Engagement des nationalen Partners gerechnet.
Schulen können in der Kategorie Trainingsanbieter des Jahres am Nationalen Preis/Wettbewerb teilnehmen und somit den direkten Beitrag ihrer Schule im Bereich Gender präsentieren. Weitere Kategorien für die Teilnahme sind neben Schulen als Trainingsanbieter auch Schüler des Jahres, Lehrer des Jahres und nicht zuletzt junge (start-up) Unternehmen, die den Gender Aspekt in ihrer Institution besonders unterstützen. Grundsätzlich sollen Sachpreise im Hinter-grund stehen, vielmehr geht es um die Einbindung von Unternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft als Sponsoren von immateriellen Preisen, z. B. Einladung ins Unternehmen, Praktika und ähnliches. Letzteres soll wiederum dazu dienen, dass die Genderthematik in der technischen Ausbildung verstärkt bei den Stakeholdern verankert wird.
Gender und WoM
Das Vorhaben verfügt über ein excelbasiertes Aktivitätenmonitoring, in welchem der Fortschritt von Subaktivitäten vierteljährlich gemonitort wird, der sich nicht in nominalen disaggregierten Indikatorenzahlen wiederspiegelt. Durch einfache Farbsignale im Sinnes eines Ampelsystems (grün, gelb, rot) stellt den Sachstand und Verzögerungen oder Risiken dar und kann direkt vom Team aufgegriffen werden. Der „Nationale Preis für Mädchen im Bereich Berufliche Bildung in Somaliland“ ist hier eine Unteraktivität. Das Excel-Template hat sich bewährt, da es vor allem vom auch für den Partner als einfache Grundlage dient, um den Fortschritt des Vorhabens darzustellen.
MainLevel als externe Consultingfirma hat im Rahmen einer laufenden EU-Evaluierung sich in er Inception Phase das Monitoringsystem vorstellen lassen und war in der Verbindung mit weiteren Monitoringinstrumenten wie Einzelberichten zu Workshops, Meetings, Dienstreise und seines regelmäßigen vierzehntägigen Gruppenaustauschs damit einverstanden. MainLevel monierte in ihrer Mid-Term-Evaluierung 2022, das bisherige genderbezogenen Kommunikationsmaßnahmen die Zielgruppe oftmals nicht erreicht hat.
Kooperation
Bereits in der Auftragsplanung für das BMZ wurde das Gender-Training für technische nationale Berater im DAC Marker explizit erwähnt. Im Kommunikationsplan mit der EU wird ein Preis für Mädchen und junge Frauen im Bereich Berufliche Bildung bereits verfestigt. In der Implementierung wird auf eine Vielzahl von Akteuren auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Rollen gesetzt, um möglichste eine Bandbreite von Sichtweisen zu Thema und spätere Sprecher (gender-Botschafter) zu erhalten. Das Ministerium bestätigte den Ansatz in ihrer Kommunikationsstrategie und stellt ein Team von Mitarbeitern bereit, um sich in Kommunikationsarbeit zu stärken und um praktisch am ‚Nationalen Preis für die Mädchen‘ mitzuarbeiten. Das Frauennetzwerk NAGAAD startete mit einem Entwurf zum Preis, der vom nationalen GIZ Projekt Team mit Unterstützung vom Zuschussempfänger Internationaler Bund überarbeitet wird. Schulen, Unternehmen und Schülerinnen können in der jeweiligen Kategorie sich auf den Preis bewerben, zudem wird die Privatwirtschaft als Sponsor mit eingebunden. Es gibt unzählige Möglichkeiten sich hier informell oder formal zu vernetzen und weiterführende aktive Kooperationen zu bilden. Überraschend war, dass es wenig Verständnis für die Rolle der Privatwirtschaft als Sponsoren gab. Durch die stark konservative und traditionelle Rollenverteilung in der Gesellschaft bedeutet dieser Nationale Preis für Mädchen im Bereich Berufliche Bildung in Somaliland bereits ein Meilenstein in der Debatte um ‚Gender in TVET‘. Neben diesem Preis ist es auch geplant in Zukunft kleinere, wenn auch mitunter weniger sichtbare Initiativen und Aktionen einzelner Schulen oder Unternehmungen entweder zu prämieren oder zumindest eine öffentliche Plattform zu geben. Insbesondere kleine, nach außen kaum signifikante Veränderungen, ergeben am Ende das große Gesamtbild jedoch ohne zu viel Aufmerksamkeit auf einmal zu erregen was wiederrum zu einer vehementen Ablehnung von Frauen in TVET in der somalischen Gesellschaft führen könnte. Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren gehören die grundlegende Kommunikationsstrategie des Ministeriums, das gemeinsame Lernen bei einzelnen Prozess-Schritten, dies zum Teil mit externer Unterstützung. Es wird wiederholt reflektiert, was ist im Länderkontext möglich und wer hat welche Rolle. Diese Klärungsprozesse haben Missverständnisse vorgebeugt und die Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis gebracht.
Im Implementierungsalltag galt es sich die Faktoren Strategie, Kooperation, Innovation & Lernen zu operationalisieren und iterativ zu reflektieren. Strategie = „einfach Machen“; Kooperation = „die richtigen internen und externen Partner finden“; Innovation und Lernen „in kleinen Schritten vorgehen“
# Machen
# interne und externe Partner finden
# in kleinen Schritten vorgehen
Team Somalia