Azerbaijan: Frauen – Macht – Politik: Das DAYAQ-Mentoring-Programm für starke Frauen in der Kommunalpolitik in Aserbaidschan

„Für mich ist meine Mentee Fortsetzerin und Weiterentwicklerin meiner Ideen“

Mehriban Zeynalova (l.)

Vorsitzende Verein “Clean World” (Mentor 2015)

 

“Die Treffen mit den Mentoren veränderte

meine gesamte Vorstellung vom Frau-Sein.

Ich bin zur Arbeit gegangen, danach die

Hausarbeit und das war´s. Ich glaubte, das

ist alles, was das Leben zu geben hat. Aber

die Mentoren bewiesen -durch ihre eigenen

Beispiele- dass jede Frau stark, frei und

glücklich sein kann, wenn es auch manchmal

ein schwerer Weg dorthin ist”

Shalala Cafarova, Gemeindevertreterin (Mentee 2015)

 

Die Kommunen sind im zentralistisch geprägten Aserbaidschan wichtige Mittler zwischen der Bevölkerung

und den staatlichen Institutionen. Um sich als Vertreter der lokalen Bevölkerung etablieren zu

können, brauchen sie starke Politikerinnen, die in Dialog mit den Frauen und Männern in ihrer Kommune

stehen und auch frauenpolitische Themen auf die Tagesordnung setzen. Doch obwohl seit den

letzten Kommunalwahlen 2014 ein Drittel der Gemeinderatssitze von Frauen eingenommen werden,

sind Frauen im politischen Alltag wenig sichtbar.

Ihre Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen in Aserbaidschan hat aber eine lange Tradition.

Als erstes muslimisches Land und noch vor vielen anderen Staaten in Europa führte Aserbaidschan

1918 das Frauenwahlrecht ein. Heute allerdings sind Frauen in politischen Führungspositionen

auf zentralstaatlicher und auf lokaler Ebene kaum vertreten. Wie in allen Ländern der ehemaligen

Sowjetunion ging der Übergangsprozess in Armenien, Aserbaidschan und Georgien einher mit einem

starken Rückgang der politischen Repräsentation von Frauen in nationalen sowie lokalen Regierungen

und Parlamenten. In Punkto politische Teilhabe rangiert Aserbaidschan im Vergleich des „Global

Gender Gap Report“ 2015 des „Weltwirtschaftsforums“ auf Platz 129 (von 145 Ländern).

 

Was ist DAYAQ?

Mit dem Ziel, Kommunalpolitikerinnen in ihren Funktionen zu stärken, entwickelte die GIZ im Regionalvorhaben

„Kommunalentwicklung im Südkaukasus“ das Mentoring-Programm „DAYAQ“.

DAYAQ heißt auf Aserbaidschanisch Unterstützung und setzt dort an, wo Politikerinnen alleine mit

Fachwissen nicht mehr weiterkommen. Beispielsweise wenn es darum geht, Selbstbewusstsein zu

entwickeln als Frau in der Gemeindevertretung, politische Positionen zu entwickeln, zu präsentieren

und umzusetzen oder die richtigen Netzwerke aufzubauen, um sinnvoll für die Kommune zu wirken.

Das jeweils achtmonatige Mentoring-Programm DAYAQ steht auf vier Säulen:

 

 

Erstens, die Mentoring-Beziehung:

Das Programm brachte 2015 jeweils 23 politisch erfahrene Frauen (Mentorinnen) mit 23 Kommunalpolitikerinnen, die lernen möchten, in einem Tandem zusammen und machte so praxisorientierte und persönliche Beratung möglich. Die Themen des Austauschs waren vielfältig: Mal standen rechtliche Fragen im Mittelpunkt, mal die Arbeit mit der Presse, es ging aber auch um Lösungsstrategien in Konfliktsituationen: Wie kann beispielsweise eine Lösung gefunden werden, wenn das Bildungsamt oder der eigene Bürgermeister Ideen blockiert?

Zweitens, Training:

Die Mentorinnen und Mentees konnten sich im Rahmen des Programms unter anderem in politischer

Kampagnenarbeit, Präsentationstechniken und im Projektmanagement weiterbilden.

Drittens, Projekte:

Mit den neuen Kompetenzen „im Gepäck“, machten sie durch lokale Projekte auf Themen aufmerksam,

die ihnen wichtig waren, in Aserbaidschan jedoch oft in der Öffentlichkeit verdrängt werden.

Die Kommunalpolitikerinnen organisierten z.B. Diskussionskreise zu häuslicher Gewalt oder Aufklärungskampagnen

zur Problematik der Heirat von Minderjährigen.

Viertens Netzwerk:

Die Teilnehmerinnen lernten sich über die Tandembeziehung hinaus als Gruppe mit ähnlichen Problemen,

Lösungsansätzen und Visionen kennen. Das Netzwerk aktiver Frauen aus Politik und Gesellschaft

weitete sich durch eine Kooperation mit dem „Helene-Weber Kolleg“ (HWK) für Kommunalpolitikerinnen.

Preisträgerinnen des HWK engagieren sich ehrenamtlich für DAYAQ und teilen ihre Erfahrungen

auf Augenhöhe in Workshops des Mentoring-Programms.

 

Was wurde mit DAYAQ erreicht?

Das Mentoring-Programm wirkt zunächst bei den beteiligten Frauen selbst, die am Ende des Programms

selbstbewusster ihre Rolle als Frau in der Kommunalpolitik wahrnehmen. In der Abschlussevaluation

bestätigten mehr als 80% der Teilnehmerinnen, dass das Programm sie unterstützt hat

politische Projekte in ihren Kommunen umzusetzen und ihre politischen Ideen zu verteidigen.

Gandab Orucova, Gemeinderatsvorsitzende und Teilnehmerin des Programms 2015,

bestätigt dies: „Mentoring ist ein neues Gebiet für mich. Es ist eine Gelegenheit für neue Ressourcen,

neue Kooperationen und neue Ideen sowie für die Ausbildung neuer Fachkräfte.“

Spätestens mit dem Abschluss der Mentoring-Runde 2015 erweist sich das Mentoring-Netzwerk mittlerweile

als solide Basis, um Ergebnisse, Wirkungen zu erzielen:

Die Teilnehmerinnen sind Vorbilder und Multiplikatorinnen: Vorbilder wollen sichtbar werden und

deshalb erklärten sich die Teilnehmerinnen des Programms bereit, an einem Ausstellungsprojekt

teilzunehmen, das ihr Engagement in den Kommunen reflektiert. Nach der Eröffnung in Baku war die

Ausstellung auch in Deutschland zu sehen. Im politischen Dialog zwischen Kommunalpolitikerinnen

und dem staatlichen Komitee für Familie, Frauen und Kinder im DAYAQ Netzwerk konnten die Politikerinnen

vereinbaren, dass im Vorfeld der Kommunalwahlen 2014 die Mentoring Methode zur Förderung

von Frauen in lokalpolitischen Führungspositionen landesweit genutzt wurde. In diesem Jahr

konnte zum Anschluss der nunmehr dritten Mentoring Runde ein abgestimmtes Handbuch (Mentoring

Manual) herausgegeben werden. Damit ist ein weiterer Grundstein zu einer mehr selbstständigen

Weiterführung dieses Mentoring Programmes vom politischen Partner und erfahrenen Mentorinnen

gelegt.

Mit DAYAQ setzt die GIZ also auf der Personenebene an (Empowerment), um anschließend gemeinsam

mit den neuen Multiplikatorinnen Dialogprozesse zu gleichstellungspolitischen Themen zu begleiten

und die Ergebnisse nachhaltig zu sichern.

 

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