Gender Mainstreaming im grenzüberschreitenden Wassermanagement in der SADC Region
Hintergrund
Das Management von Wasserressourcen in einer der wasserärmsten Regionen Afrikas ist noch immer vorrangig eine Männerdomäne. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen Frauen
und Männern in der Art der Nutzung der Ressource Wasser. Als
Beschafferinnen und Nutzerinnen im Haushalt sowie in der
Landwirtschaft haben Frauen im südlichen Afrika tagtäglich eine
herausragende Rolle; gleichzeitig sind ihre Interessen im Wasserressourcenmanagement nach wie vor unterrepräsentiert. Um
solche Ungleichberechtigung besser auszugleichen ist es essentiell, traditionelle Rollenverteilungen, Machtverhältnisse und denen zugrunde liegende Ungleichheiten zu verstehen.
Aus diesem Grund haben alle 15 Mitgliedstaaten der Southern
African Development Community (SADC) bereits 2008 ein Gender- und Entwicklungsprotokoll verabschiedet. Darin verpflichten
sich die Mitgliedstaaten die Rolle von Frauen zu stärken, deren
Diskriminierung zu beseitigen und vollkommende Geschlechtergleichstellung und -gerechtigkeit zu erreichen. Als wirtschaftlicher Staatenverbund soll dies mehrheitlich durch die Verankerung von Gender Mainstreaming Ansätzen in nationaler Gesetzgebung sowie durch gender-sensible Politikansätze, Programme
und Projekte geschehen.
Programmansatz
Das GIZ Vorhaben “Grenzüberschreitendes Wassermanagement
in der SADC Region” hat das Ziel persönliche, institutionelle und
organisatorische Kapazitäten der SADC-Wasserabteilung sowie
ausgewählter Flussgebietsorganisationen (FGO) zu stärken. Auf
Wunsch des politischen Trägers, sowie spezifisch des größten
Kofinanciers, der britischen Regierung durch DfID, hat das Vorhaben ein Projekt zum Gender Mainstreaming im grenzüberschreitenden Wassersektor durchgeführt. Ziel war es politische
Entscheidungsträger für Fragen der Gleichstellung der Geschlechter im Wassersektor zu sensibilisieren. Zudem wurde die
SADC-Wasserabteilung sowie ausgewählte FGOs bei der institutionellen und programmatischen Verankerung von Gender
Mainstreaming Ansätzen unterstützt.
Das Gender Mainstreaming Projekt ist von Beginn an konzeptionell in das Gesamtvorhaben integriert worden. Die projektspezifische Wirkungstheorie zeigt zudem klar auf, in welchen Bereichen
das Projekt zur Gesamtzielerreichung des Vorhabens beiträgt. Auf
allen Wirkungsebenen sind eindeutige Zuordnungen des Gender
Mainstreaming Projekts zu den Programmindikatoren definiert.
Das Projekt hat des Weiteren alle primären Projektpartner bei der
Integration von Gender Mainstreaming Ansätzen beraten und
unterstützt.
Das Projekt war auf allen drei Interventionsebenen (Regional –
SADC, Flussgebiet – FGO, National – Mitgliedstaaten) aktiv.
Dabei sind die folgenden Partnerorganisationen direkt unterstützt
worden:
§ SADC Wasserabteilung und Gendereinheit,
§ Flussgebietsorganisationen,
§ Nationale Wasser- und Genderministerien,
§ Kommunale Projekte zum Integrierten Wasserresourcenmanagement (IWRM).
Wirkungen
Das Gender Mainstreaming Projekt hat erfolgreich dazu beigetragen, dass Themen der Gleichstellung der Geschlechter im größtenteils männerdominierten, technischen Wassersektor eine
stärkere Beachtung finden. So zeigen sowohl die Entscheidungen
der 15 Wasserdirektor/innen für eine verbesserte genderdisaggregierte Berichterstattung und ein spezifisches GenderMonitoring als auch der Beschluss der 15 Genderminister/innen
zur Förderung von Gender Mainstreaming im Wassersektor, dass
Ansätze des Gender Mainstreaming vermehrt auf politischer und
hoher administrativer Ebene unterstützt werden.
Das Projekt hat durch seine Sensibilisierungsarbeit klar dazu
beitragen können, dass ein gender-spezifischer Outcomeindikator
des Gesamtvorhabens erreicht wurde: mehr als 45% aller Positionen in vom Vorhaben unterstützten Steuerungsgremien werden
inzwischen von Frauen besetzt (24% in 2011). Auch die Verankerung von Gender-relevanten Themen in die Wasserbewirtschaftungspläne der Flussgebietsorganisationen, ein weiterer Vorhabensindikator, wurde hauptsächlich durch das Gender
Mainstreaming Projekt erfüllt.
Gender Ansprechpersonen in Mitgliedstaaten
Das SADC Sekretariat hat im Rahmen des Gender Mainstreaming
Projektes einen Beschluss der Wasserdirektor/innen erwirkt, dass
in allen Wasserministerien nationale Gender Ansprechpersonen
(Focal Points) ernannt werden. Dieser Vorgabe sind alle 15 Mitgliedstaaten unverzüglich nachgekommen. Heute stellen die
Gender Ansprechpersonen das bisher fehlende Bindeglied zwischen nationalen Wasser- und Genderministerien, sowie zwischen dem nationalen und regionalen Level dar. Alle Ansprechpersonen wurden mit den Konzepten des Gender Mainstreaming
vertraut gemacht und spezifisch trainiert um die Gleichstellung
der Geschlechter nachhaltig in den Projektzyklus zu integrieren.
In einem abschließenden Nachhaltigkeitsworkshop wurden von
allen Gender Ansprechpersonen nationale Aktionspläne erarbeitet, die sich zum Teil bereits in der Umsetzung befinden. Es wurde zudem beschlossen, die nationalen Ansprechpersonen stärker
in die Umsetzungsstrukturen der betreffenden Flussgebietsorganisationen zu integrieren. Eine Präsentation der Arbeitsergebnisse
wurde mit großer Zustimmung von den Wasserdirektor/innen
aufgenommen; der Ansprechperson in Botsuana wurde zudem
ein eigenes Budget in Aussicht gestellt.
Richtlinien und Instrumente
Um einem weiten Kreis von Partnerorganisationen Konzepte zur
Gleichstellung der Geschlechter zugänglich zu machen, wurde die
SADC Wasserabteilung dabei unterstützt, Richtlinien und Publikationen zur Kapazitätsentwicklung zu erstellen. Im Rahmen der
Projektlaufzeit konnte so ein umfassendes Handbuch zur Integration von Genderaspekten in den Projektzyklus entwickelt, getestet und veröffentlicht werden. In anschaulichen Kapiteln zu den
verschiedenen Schritten werden sowohl den Gender Ansprechpersonen, also auch allen anderen mit der Planung und Durchführung von Projekten des Wasserressourcenmanagements betrauten Personen, praktische Arbeitsmittel und Instrumente zur
Verfügung gestellt. Darüber hinaus hat die SADC Wasserabteilung einen praktischen Leitfaden zum Gender Mainstreaming
spezifisch für Flussgebietsorganisationen entwickelt und veröffentlicht. Ein Taschenbuch soll zudem politischen Entscheidungsträgern kurz, schlüssig und präzise Konzepte sowie praktische
Einstiegsmöglichkeiten ins Gender Mainstreaming erläutern.
Gender in Flussgebietsorganisationen
Ziel des Gender Mainstreaming Ansatzes mit Flussgebietsorganisationen ist es stets, die Bedürfnisse aller Wassernutzer/innen,
und damit vermehrt auch Frauen und sozial benachteiligter Personengruppen, in das Management von grenzüberschreitenden
Gewässern einfließen zu lassen. Im Hinblick darauf wurden im
Rahmen der Projektentwicklungsphase institutionelle Genderanalysen in vier FGOs durchgeführt:
§ LIMCOM: Limpopo Flussgebiet (Botsuana, Mosambik, Simbabwe, Südafrika)
§ ORASECOM: Orange-Senqu Flussgebiet (Botsuana, Lesotho,
Namibia, Südafrika)
§ OKACOM: Okavango Flussgebiet (Angola, Botsuana, Namibia)
§ ZAMCOM: Sambesi Flussgebiet (Angola, Botsuana, Malawi,
Mosambik, Namibia, Samibia, Simbabwe, Tansania)
Basierend auf diesen Analysen konnten im Rahmen der Projektlaufzeit drei FGOs bedarfsgerecht zum Gender Mainstreaming
beraten werden. Die Orange-Senqu River Commission (ORASECOM) wurde in der Entwicklung ihres Wasserbewirtschaftungsplans (IWRM Plan) beraten. Durch umfassende Stakeholder Engagement Prozesse konnten Prioritäten der Mitgliedstaaten erörtert und wirkungsorientierte Interventionen entwickelt werden.
Der im Februar 2015 von den vier Wasserminister/innen beschlossene Aktionsplan beinhaltet darüber hinaus ein narratives Kapitel, das den Zusammenhang von Geschlechtergleichstellung,
Menschenrechten und Wasserresourcenmanagement erklärt.
Eine Genderstrategie wurde dem Aktionsplan angehängt.
Die Okavango River Basin Water Commission (OKACOM) sowie
die Zambezi Watercourse Commission (ZAMCOM) wurden bei der
Erstellung von Genderanalysen und darauf basierenden Genderstrategien unterstützt. In beiden Organisationen wurden zudem
Strategien zum Stakeholder Engagement auf die adäquate Einbeziehung von Geschlechterfragen und spezifisch den Bedarfen der
weiblichen Bevölkerung überarbeitet. In beiden Organisationen
wurden die vorgelegten Strategien von den betreffenden Wasserdirektor/innen abgenommen.
Gender-sensible Pilotmaßnahmen
Das Gesamtvorhaben hat in fünf Ländern Pilotprojekte zum integrierten Wasserresourcenmanagement auf kommunaler Ebene
implementiert. Das Gender-Expertinnenteam hat die Planung und Implementierung von drei Projekten (Botsuana, Lesotho, Namibia) intensiv begleitet und dafür Sorge getragen, dass sowohl Infrastrukturmaßnahmen als auch Kapazitätsentwicklungsprozesse
gender-sensibel durchgeführt werden. Im Rahmen der Betreuung
wurden zudem Entscheidungsträger auf kommunaler und DorfEbene beraten und trainiert sowie die Bevölkerung über Gleichstellungskonzepte aufgeklärt. Ziel war es traditionelle Rollenverständnisse zu hinterfragen und gleichzeitig spezifisch auf die
Bedürfnisse von Frauen einzugehen. Weiterhin wurde in Gesprächen mit Implementierungspartnern immer wieder darauf hingewirkt, dass spezifisch Frauen von den einkommensschaffenden
Maßnahmen profitieren sollten. So wurden zum Beispiel speziell
Frauen in der Bewirtschaftung von Schul- und Gemeinschaftsgärten trainiert. Dies ist vor Allem vor dem Hintergrund wichtig, dass
in einigen Pilotregionen ein Großteil der männlichen Bevölkerung
in südafrikanischen Minen beschäftigt ist und durch kurzfristig
zustande kommende Arbeitsmöglichkeiten ihre langfristigen
Einkommensquellen aufgeben müssten.
Durch eine Verknüpfung von Ansätzen des Gender
Mainstreamings mit Fragen der sozialen Inklusion konnten auf
der einen Seite konkrete Infrastrukturmaßnahmen gender- und
sozialverträglich implementiert werden, unter Anderem durch
den Bau von behindertengerechten wassersparenden Toiletten.
Auf der anderen Seite konnten durch die Sammlung von Erfolgsgeschichten und der Aufarbeitung von Erfahrungen praktische
Beispiele zum Gender Mainstreaming erarbeitet und auf regionaler Ebene einem weiten Kreis von Entscheidungsträgern zugänglich gemacht werden. Diese Erfahrungsberichte eröffnen vor
allem politischen Entscheidungsträgern klare und pragmatische
Ansätze des Gender Mainstreamings in kommunalen Projekten.
Gerade das Fehlen solcher Erfolgsgeschichten erschwert häufig
die Arbeit für mehr Gleichstellung, da klassische Gender
Mainstreaming Ansätze häufig als zu akademisch und komplex
wahrgenommen werden.
In einem weiteren Pilotprojekt, dem Community-based Early
Warning and Flood Forecasting System im Chokwe Distrikt in
Mosambik, konnten durch die Beratung der Genderexpertinnen
Schwächen des Projekts aufgezeigt und konkrete Maßnahmen
umgesetzt werden. So hat sich in einer ersten Genderanalyse
gezeigt, dass die technische Sprache von Flutwarnung für bildungsferne Bevölkerungsschichten, zu denen leider noch immer
viele Frauen gehören, häufig nicht adäquat verstanden wird.
Durch vereinfachte Anweisungen wird nun sichergestellt, dass
sich alle Bewohner in den Interventionsgebieten auf bevorstehende Fluten vorbereiten und rechtzeitig ihren Hausstand sowie
ihre Viehherden in Sicherheit bringen können. Des Weiteren
wurde aufgezeigt, dass vielen Haushalten zwar formal die Ehemänner vorstehen, diese jedoch vielmals in den Minen Südafrikas
beschäftigt sind und so nur selten zuhause sind. Damit fällt den
Frauen die praktische Führung des Haushaltes sowie das Organisieren von Notevakuierungen im Fall von Fluten zu. In dieser
Konstellation zeigt sich, dass Frauen telefonisch bei ihren Ehemännern die Erlaubnis einholen müssen um das Haus hinterlassen und einen sicheren Ort aufsuchen zu dürfen. Durch Rollenspiele von spezifisch trainierten Dorfbewohner/innen wurde die
Bevölkerung über Genderkonstellationen und –machtverhältnisse
aufgeklärt um die Sicherheit von weiblich geführten Haushalten
zu gewährleisten. Durch eine starke Einbeziehung der lokalen
Strukturen, konnte frühzeitig die Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen sichergestellt werden.
Ownership und Erfolgsfaktoren
Ein wichtiger Grund für die Erfolge des Gender Mainstreaming
Projektes war das starke Ownership der SADC Wasserabteilung:
das Projekt ist in enger Kooperation mit und direkter Steuerung
durch die Kolleg/innen im SADC Sekretariat implementiert worden. Des Weiteren hat die Programmevaluierungsmission (PEV) in
ihren Interviews von allen Partnern größte Wertschätzung für die
Arbeit des Gender Mainstreaming Projekts erfahren.
Um nachhaltigere Wirkungen zu erreichen wurde schon in der
Konzeptionsphase die SADC Gendereinheit als wichtiger Projektpartner gewonnen. Durch ihre fachliche Expertise konnte die
adäquate Qualität der Interventionen sichergestellt werden.
Zudem wurde durch ihre Berichtshoheit an die Genderminister/innen in der SADC Region die Wirkungsspannweite des Projektes auch auf die politische Ebene erweitert.
Gender Mainstreaming erscheint in einem regionalen Kontext
häufig als zu akademisch und Konzepte der Geschlechtergleichstellung sind für viele Stakeholder nicht immer greifbar. Es war
daher wichtig, dass im Rahmen des Projektes gezeigt werden
konnte, dass sich durch nachhaltige, integrierte Ansätze zum
Gender Mainstreaming auch die Qualität von ‚regulären‘ Wasserprojekten erhöht. Dies erleichtert vielen Stakeholdern den Einstieg in das Thema und überbrückt die Diskrepanz zwischen
einem durchaus als gut zu bewertendem Policy-Umfeld und der
praktischen Implementierung. Durch die Unterstützung des
Vorhabens ist der Wasserabteilung damit ein strategisch wichtiges Themenfeld eröffnet worden.
Langfristige Wirkungen
Erfolgreiche Gleichstellung und Gleichberechtigung der Geschlechter setzt langfristig Verhaltens- und Bewusstseinsveränderungen sowohl bei politischen Entscheidungsträgern als auch
bei der Gesamtbevölkerung voraus (Impact). Im Rahmen eines
zweijährigen Projektes darf vor allem letzteres nicht erwartet
werden. Dennoch zeigt sich als größter Erfolg des Gender
Mainstreaming Projektes, eine klare Verhaltensänderung auf der
politisch-administrativen Ebene (Outcome).
Ein Blick nach vorne
Das Gender Mainstreaming Projekt ist im Juli 2015 zu Ende gegangen. Sowohl der politische Träger als auch die involvierten
Projektpartner hat sich eine Weiterführung des Projektes bei
Zustandekommen einer Nachfolgemaßnahme ausdrücklich gewünscht. Im Rahmen von ersten Gesprächen über eine mögliche Ko-Finanzierung der Folgemaßnahme durch die britische Regierung, wurde schnell klar, dass die Arbeit der GIZ im Bereich Gender Mainstreaming einen hohen Stellenwert hat. DfID hat daher
angekündigt, beim Zustandekommen einer weiteren KoFinanzierung spezifisch die Weiterführung des Gender
Mainstreaming Projekts zu unterstützen. Dies steht auf der einen
Seite vor dem Hintergrund der großen Bedeutung von integrierten Genderansätzen in der Programmarbeit für die britische Regierung. Auf der anderen Seite ist es aber auch Ausdruck der
Erfolge des Projektes. Wenn auch in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum keine Verhaltensänderung auf der Zielgruppenebene nachgewiesen werden kann, zeichnet sich ab, dass durch die
systematische Integration von Themen der Geschlechtergleichstellung in das grenzüberschreitende Wassermanagement klare
Wirkungen auch auf nachgeordneten Wirkungsebenen erreicht
werden können.