Die Herausforderung
Bei gleichem Ausbildungsniveau und identisch hoher Teilnahme am formellen Arbeitsmarkt von Frauen im Vergleich zu Männern könnte das weltweite Wirtschaftswachstum bis zu 20 Billionen US-Dollar höher sein als es heute der Fall ist. Dieses Ungleichgewicht schlägt sich in vielen Bereichen der Wirtschaft nieder. Besonders sichtbar wird die große Kluft zwischen einer gleichberechtigten Teilhabe von Männern und Frauen im Informationen- und Kommunikationstechnologie (IKT)-Sektor. Frauen besitzen nicht nur seltener ein Mobiltelefon, auch sind sie weniger in der digitalen Wirtschaft vertreten, besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern. Dadurch entsteht eine signifikante Benachteiligung der Frauen in der digitalen Wissensgenerierung, Innovation und im Unternehmertum. In vielen Ländern herrscht darüber hinaus ein Mangel an qualifizierten Fachkräften im IT-Bereich (SDG 5 – Gleichstellung der Geschlechter (unwomen.de)).
Unser Lösungsansatz
Erkannt hat dieses Problem auch unser Programm Business Scouts for Development (G130). Um ihm zu begegnen, riefen die Business Scout for Development Kolleg*innen gemeinsam mit den deutschen Auslandshandelskammern in Brasilien und Mosambik im Jahr 2020 den Kurs „Women going Digital“ ins Leben, der seither in lateinamerikanischen Ländern und Mosambik umgesetzt wurde.
Was? | 40-stündiger Online-Kurs zu 16 Themen der digitalen Transformationen angeboten über atinigi.org |
Wer? | Business Scouts for Development, deutsche Auslandshandelskammern (AHKs), Unternehmen der Privatwirtschaft |
Wo? | Bisher: Brasilien (PT), Mosambik (PT), Argentinien und Peru (ES); ab 2022: Kamerun (FR), Namibia und Ruanda (EN) |
Das Pilottraining wurde in portugiesischer Sprache in Brasilien und Mosambik angeboten. Die an die jeweiligen bilateralen deutschen Auslandshandelskammern entsandten Integrierten Fachkräfte des Business Scouts for Development Programms (bis Ende 2020: ExperTS) führten die Pilotierung gemeinsam mit lokalen Institutionen und Partnern aus der Wirtschaft durch, um so den Kurs zum Selbststudium um praxisnahe Sessions zu ergänzen und auch die Teilnehmerinnen untereinander zu vernetzen. Übergeordnetes Ziel des Business Scouts for Development Programms ist es die Zusammenarbeit zwischen lokalen und europäischen Wirtschaftsakteuren zu fördern.
Mit Women going Digital wurde ein Dienstleistungsangebot für Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern geschaffen, das mittlerweile länderübergreifend angeboten wird, um Frauen in der Privatwirtschaft zu fördern und ihre Teilhabe am und Karrieremöglichkeiten im digitalen Sektor zu erhöhen. Aufgrund der Pandemielage mussten alle Kurse online durchgeführt werden – was den Teilnehmerinnen es jedoch auch ermöglichte, den Kurs flexibler in ihren Alltag zu integrieren. So wurde das Thema Gendergleichberechtigung in den Partnerländern auch während der Pandemie vorangetrieben.
Die Ziele des Kurses sind vielfältig:
Das Online-Training gliedert sich in 16 Module und deckt damit unterschiedliche Themen rund um digitale Technologien und Arbeitsweisen ab. Dazu gehören zum Beispiel agile Methoden, das Internet der Dinge, Blockchain oder auch 3D-Druck. Begleitet werden die Module von Vorträgen zu ausgewählten Themenbereichen. Nach erfolgreichem Abschluss des Kurses erhalten die Teilnahmerinnen ein Zertifikat.
Auf lange Sicht
Dank der guten Erfahrung in der Pilotphase ist der Kurs inzwischen ins ständige Angebot der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer in São Paulo übergangen – die Ownership auf Seiten der AHK ist hoch. Der Erfolg des Kurses in Brasilien und Mosambik hat indes für Nachahmer gesorgt: Durch das globale Netzwerk der Business Scout wurde der Kurs 2021 auch in Argentinien und Peru in spanischer Sprache lanciert. Auch hier sind die bilateralen deutschen Auslandshandelskammern Projektpartner. Die Durchführung des Kurses in Kamerun, Namibia und Ruanda wird derzeit vorbereitet und 2022 starten. Somit wird ein erfolgreiches Modell zur Förderung von Frauen im IT-Sektor von Lateinamerika breiter auf dem afrikanischen Kontinent ausgerollt. Nach Pilotphasen in den genannten Ländern sind weitere Trainings im anglo- und frankophonen Afrika geplant – hierfür gibt es bereits Interesse an mehreren Standorten der Business Scout for Development.
Der Kurs in Zahlen
Die Nachfrage an der Women going Digital Weiterbildung war an allen Standorten bisher sehr groß und die ersten Trainingszyklen ein voller Erfolg. 2020 hatten sich rund 1.000 Frauen um einen Platz im Kurs beworben, 100 davon wurden für die Pilotphase ausgewählt – 90 in Brasilien und zehn in Mosambik. In der aktuellen Durchführungsphase in Brasilien können bereits 300 Teilnehmerinnen den Kurs absolvieren. Auch in Argentinien ist bereits der zweite Trainingszyklus gestartet, dort waren es zunächst 40 Teilnehmerinnen, in der aktuellen Phase sind es 38. In Peru haben am ersten Durchlauf des Kurses 92 Frauen teilgenommen, am zweiten 63.
Partner involvieren
Das Business Scouts for Development Programm arbeitet für die Umsetzung von Women going Digital mit einer Vielzahl an Partnern zusammen. So wirken an den verschiedenen Standorten neben den AHKs zahlreiche weitere Partner mit. In Brasilien waren etwa SAP, Siemens und GFT beteiligt, in Mosambik war es das Centro Cultural Moçambicano-Alemão, ein Kooperationspartner des Goethe-Instituts. Die Kontakte zu den Unternehmen wurden durch die AHKs vermittelt. Auch in Argentinien ist SAP Projektpartner und hat unter anderem ein Zusatzmodul angeboten. An ausgewählten Webinaren sind dort darüber hinaus diverse Unternehmen, Institutionen und Nichtregierungsorganisationen beteiligt. In Peru sind Siemens und FutureLab als Partner in die Kurse involviert. Nicht zuletzt haben wir innerhalb der GIZ Kooperationen auf Kooperation gesetzt: Die Kurse für Argentinien und Peru werden online über die e-learning Plattform der atingi.org angeboten.
Die Bereitschaft der Partner, sich einzubringen, kommt dabei nicht von ungefähr, ermöglicht der Kurs doch eine Win-Win-Situation: Frauen werden durch das Training im IT-Bereich weitergebildet und erhalten somit besseren Zugang zu zukunftsträchtigen Berufen, die gut bezahlt sind. Die Firmen an den Standorten verfügen dagegen über mehr qualifizierte Kandidatinnen für den stark nachgefragten IT-Sektor.