Documentation of the Event:
Von einem auf den anderen Moment kann sich das Leben grundlegend ändern. Mit diesem Satz beginnt der neue Roman “Mondhitze” der nicaraguanischen Schriftstellerin Gioconda Belli. Aus Sicht der Autorin trifft dieser Satz gerade für Deutschland zurzeit genau zu: Die großzügige Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland sei „eine der größten Gesten der Solidarität, die die Welt in den letzten Jahrzehnten gesehen hat und eine der größten Aufgaben Europas“. Mit dieser kurzen politischen Aussage startete Gioconda Belli ihre Lesung in der Veranstaltungsreihe „Weltliteratur zu Gast bei der GIZ“.
Deutschland würde damit dazu beitragen, die Themen Nächstenliebe, Zuwendung und Integration in die aktuelle Politik mit einzubringen und so die „traditionelle Härte der Männer aufbrechen“. Für diese Aufgabe erfordere es viel Mut, aber Krisen seien auch immer eine Chance. Gleichzeitig danke sie den Deutschen, die in den Jahren der Diktatur in ihrem Heimatland Nicaragua mitgeholfen und gearbeitet hätten. „Dies ist eine neue Generation, die aus eigener Erfahrung gelernt hat“.
Die Lesung war so gut besucht wie noch nie: Mit rund 240 Besuchern, stimmungsvoller musikalischer Begleitung des Duos Grupo Sal und der einfühlsamen Übersetzung von Viola Gabor war die Stimmung in der Kantine des neuen Mäanderbaus der GIZ geradezu perfekt. Dietmar Kanthak, Leiter des Feuilletons beim Bonner Generalanzeiger, führte durch den Abend.
Frustrierende Routine: Friseur, Fitnessstudio, Freundinnen
„Mondhitze“ ist ein Frauenroman; Gioconda Belli bezeichnet ihn als einen der wichtigsten Romane, die sie geschrieben hat. Er handelt vom Ende der Weiblichkeit in der Menopause und von älterwerdenden Frauen, die in der Welt nicht mehr beachtet werden. Emma, eine typisch lateinamerikanische Frau der gehobenen Mittelschicht Ende 40, führt ein unausgefülltes und frustriertes Leben. Die Kinder sind aus dem Haus, der Mann ist ein erfolgreicher Arzt. Ihr Alltag dreht sich um die Themen Friseur, Fitnessstudio und die Treffen mit ihren Freundinnen. Ihre Ehe besteht aus der gewohnten Routine, doch der Beginn der Wechseljahre macht ihr zu schaffen: Der vermeintliche Verlust ihrer Jugend und Attraktivität führen sie in eine tiefe Sinn- und Lebenskrise.
Eines Tages fährt Emma in einem Armenviertel einen jungen Mann an. Die Bekanntschaft mit ihm und seine Lebensumstände verwandeln Emma grundlegend. Sie beginnt, ihre Ehe, ihren sozialen Status und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen grundsätzlich in Frage zu stellen – mit allen ihren Konsequenzen. „Ist das Leben denn nicht die Suche nach Erfahrungen, nach erregenden Gefühlen?“, fragt sie sich. Der Unfall stellt die Unsicherheit des Lebens dar, die beinahe in jedem Moment die scheinbare Stabilität in Frage stellen kann. Dabei leben wir mit der Illusion, dass gewisse Dinge nicht uns selbst zutreffen, sondern nur anderen. Wir reisen wie Passagiere durch das Leben, mit unserem Körper als ständigem Begleiter, nur um am Ende die eigene Zerbrechlichkeit anzuerkennen.
Gioconda Belli wurde in den 70er Jahren durch ihre sozialkritischen und politischen Romane wie „Die bewohnte Frau“ und „Tochter des Vulkans“ weltweit bekannt. Sie selbst war als Widerstandskämpferin während der sandinistischen Revolution in Nicaragua in den 70er Jahren aktiv. Eine kleine Geste am Rande: Im Laufe des Abends wurden über 1000 Euro für die Bonner Flüchtlingshilfe gesammelt. Das Geld fließt an die Ermekeil-Initiative.
Über die Lesereihe:
Die Lesungen in der Reihe „Weltliteratur zu Gast bei der GIZ“ finden drei- bis viermal im Jahr in Bonn statt und werden in Partnerschaft mit Litprom, der Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V. durchgeführt.
——————————————————————–
Einladung zur Lesung Mondhitze
Der Verlust der Fruchtbarkeit kann der Beginn einer persönlichen Revolution sein – in der Ehe, der Liebe und im menschlichen Miteinander. In ihrem neuen Roman Mondhitze (Originaltitel: El intenso calor de la luna) erzählt Gioconda Belli von den Geheimnissen, Erfahrungen und Abenteuern einer Frau in ihren Fünfzigern.
Wir laden Sie herzlich ein zur Lesung mit musikalischer Begleitung
Mit: Gioconda Belli und Grupo Sal Duo
Wann: 9. März 2016, 18 Uhr
Wo: Kantine Mäanderbau, Friedrich-Ebert-Allee 36
Was: Die nicaraguanische Autorin Gioconda Belli erlangte mit Romanen wie Bewohnte Frau oder Tochter des Vulkans internationale Berühmtheit. Selbstbewusst und mit sprachlicher Kraft äußert sie ihre Wünsche und Fantasien – seien sie politischer oder erotischer Natur.
Grupo Sal Duo begleitet die Lesung mit Liedern aus Lateinamerika. Sprecherin Viola Gabor übersetzt das Gelesene ins Deutsche. Durch den Abend führt Dietmar Kanthak, Feuilleton-Chef des Bonner General-Anzeigers.
Bitte melden Sie sich bis zum 4. März an unter weltliteratur@giz.de.
Wir freuen uns auf Sie!