Benin: Grünes Innovationszentrum (ProCIVA)

Grünes Innovationszentrum (ProCIVA) Benin

Oder wie Unternehmerinnen für eine Besserstellung der Frauen in Benin sorgen

In vielen afrikanischen Ländern haben die Frauen noch einen langen Weg bis zur
Emanzipation vor sich, so auch in Benin. Das traditionelle Rollenbild ist fest verankert und
selbst junge Frauen sind fest davon überzeugt, dass Geschirr spülen und Wäsche waschen
eine Arbeit ist, die fest in Frauenhand gehört. Ca. 70% der beninischen Frauen können weder
lesen noch schreiben oder sind einfach nur schlecht ausgebildet, trotz aller Anstrengungen
von Regierung und Nichtregierungsorganisationen. Eine bessere Zukunft für Mädchen durch
eine gute Ausbildung – das ist nach wie vor nur der Wunsch weniger Eltern. Die meisten
Mädchen werden für eine Zukunft in einer anderen Familie erzogen. Sobald sie heiraten,
gehören sie zur Familie des Ehemannes. Auch wenn diese Tradition zurückgeht – im Status
der Gesellschaft nehmen Frauen immer noch eher eine Nebenrolle ein. Ihr Platz ist zu Hause,
aber sie erledigen nicht nur Hausarbeit. Mit Weben, Nähen oder dem Anbau von Gemüse und
dem Verkauf auf dem Markt unterstützen sie die Familie und tragen einen Teil zum
Familieneinkommen bei. Mit dieser Erfahrung wachsen viele Kinder auf, sodass sich das
traditionelle Bild der Hausfrau und Mutter in ihren Köpfen verankert. Auch die Schulen tragen
ihren Teil zu Vermittlung einer traditionellen Rollenverteilung bei. In den Lehrbüchern werden
Arbeiten, wie zum Beispiel Hausarbeit und Gemüseanbau als Frauenarbeit dargestellt und
alles was mit geistiger Arbeit und Unternehmen zu tun hat, als Männertätigkeit. Frauen sind in
höheren Berufsklassen und in wichtigen Positionen kaum vertreten. Auch in der
Nationalversammlung (Assemblée nationale du Bénin) sind nur wenige weibliche Abgeordnete
vertreten. Die schlechte Platzierung beim Gender Inequality Index; Benin belegt hierbei Rang
144 von 154, unterstreicht den Handlungsbedarf in diesem Themenfeld.
Der Frauenanteil in der landwirtschaftlichen Produktion wird auf 35% geschätzt; bei der
konventionellen Weiterverarbeitung der Nahrungsmittel und im Kleinhandel liegt er höher. So
sind in der Weiterverarbeitung von Reis und Soja fast ausschließlich Frauen tätig.
ProCIVA Benin
Das Programm „Grüne Innovationszentren“ arbeitet bislang in 14 Ländern. Es stimmt sich mit
den Ministerien vor Ort ab und arbeitet mit den anderen Programmen der Sonderinitiative
„EINEWELT ohne Hunger“ zusammen sowie mit bilateralen Programme der deutschen
Entwicklungszusammenarbeit. Eines der 14 Länder ist Benin. Die Mehrheit der
Landbevölkerung in Benin lebt in großer Armut. Die Bäuerinnen und Bauern pflanzen zwar

Tanja Dorn, Arnoud Dagan, Ilka Jaeger ProCIVA Benin, 14.0967.1-007.00
Grundnahrungsmittel wie Mais und Maniok an, doch ihr Verdienst ist nur gering. Hinzu kommt,
dass die Ernteerträge stetig zurückgehen, weil die Ackerböden auslaugen.
Ein weiteres Problem ist, die hohe Sterberate bei der Aufzucht von Schafen, Ziegen und
Hühnern. Durch bessere Haltungssysteme kann die Verlustrate bei den Jungtieren verringert
werden und das Einkommen der Bauern steigen. Bessere Einkommensperspektiven kann
auch der Anbau von Reis und Soja bieten. Das Grüne Innovationszentrum in Benin
konzentriert sich auf die Nutzung der Potenziale von Reis, Soja und Geflügel.
Was ist hier innovativ und trägt gleichzeitig zu einer Besserstellung der Frau bei?
Die Antwort lautet: Coaching in Betriebswirtschaft im Rahmen des SME Business und
Coaching Loops (SME BL)!
Beim Ansatz des SME Business und Coaching Loop werden schnell sichtbare Erfolge erzielt.
Im Rahmen dieses Ansatzes wird Unterricht (in einer Gruppe und individuell) in
Betriebswirtschaft angeboten: Unternehmensführung, Buchhaltung, Aufstellung von
Geschäftsplänen, Entwicklung von Zukunftsvisionen. So expandieren die Firmen und es
entstehen neue Arbeitsplätze.
Bis zu 2.500 Kleinst-, kleinen und mittlere Unternehmen (KKMU) werden während des
Projektes in den drei Wertschöpfungsketten nach Standardkriterien mit Hilfe lokaler Strukturen
ausgewählt und die UnternehmerInnen über ein aus der Unternehmensberatung erprobtes
Konzept fortgebildet und intensiv betreut. Hierzu gehören auch Fortbildungsmodule zu
finanzieller Grundbildung wie z.B. zu Kostenarten zu betrieblichen Abläufen, zu
buchhalterischen Kenntnissen, definierten Betriebsplänen und Möglichkeiten der Finanzierung
für KKMU. In der Qualifizierungsphase werden jeweils 25 UnternehmerInnen nach individueller
Kompetenz und Bedarfsevaluierung in Gruppen zusammengeführt und in zwei dreitägigen
Trainings ins Management eingeführt. Von einem Business Coach werden sie über mehrere
Monate individuell in der Anwendung des Gelernten betreut und bei ihrer weiteren Entwicklung
begleitet. Die Übernahme technischer Innovationen wird ebenfalls begleitet. Hierzu gehören
verbesserte Methoden des Reisdämpfens und der Sortierung, der Verpackung, der
Qualitätssicherung, der Verarbeitung von Soja zu Tofu, Milch und Mehl und die Vermarktung
von Eiern und von Geflügel sowie die Nutzung von Tierdung als Kompost. Wesentliche
Aktivitäten sind die Auswahl geeigneter Innovationen, die Organisation von Aus und
Fortbildungen, die Betreuung der Unternehmer/innen in der Anwendungsphase und die
Durchführung von begleitenden Studien zur Erhebung der Einkommenssteigerungen.
Und wie hilft der SME BL jetzt genau bei der Gleichstellung/ Besserstellung der Frau? Zur
Verdeutlichung drei Beispiele aus der Praxis: Amadou sollte eigentlich, nach der Vorstellung ihrer Eltern, Näherin werden. Doch das
Mädchen hat ihren eigenen Kopf und hilft bei der Reisverarbeitung. „Mir hat diese Arbeit Spaß
gemacht. Wenn der Reis vom Feld kommt, ist das Korn noch von den ungenießbaren Spelzen
umgeben. Den muss man entfernen, ohne dass das Korn dabei verletzt wird. Es ist schön zu
sehen, wie aus dem ungeschälten Getreide am Ende des Prozesses das weiß glänzende
Reiskorn hervorkommt. Ich habe immer mehr Vertrauen in mich gewonnen und dann hatte ich
plötzlich Lust, meinen eigenen Betrieb aufzumachen.“ Mit Hilfe des Grünen
Innovationszentrums Benin konnte sie an einer Unternehmerinnenschulung (SME BL)
teilnehmen. Seitdem hat sie den Überblick über ihre Geldflüsse und führt genau Buch über
alle Ein- und Verkäufe. Sie hält jede Ausgabe fest, auch die Kosten des Schälens und die
Gehälter der Mitarbeiterinnen oder neue Anschaffungen. Und auch Feuerholz hat seinen
Preis. Seit ihrer unternehmerischen Ausbildung hat sich in den geschäftlichen Abläufen bei
Amadou einiges geändert. Jetzt ist ihr Betrieb „Tonu Wa Ti“ offiziell registriert. Sie hat ein Konto
eröffnet und mit Marketingaktivitäten begonnen. „Tonu Wa Ti ist ein Wort aus der Sprache der
Bariba und heißt übersetzt „An sich selber glauben“. „Das passt zu mir, denn als ich
angefangen habe, an meine eigenen Fähigkeiten zu glauben, ist es immer nur bergauf
gegangen“, lächelt die engagierte Frau. Ein Schild an der Straße macht seit zwei Monaten auf
ihr Unternehmen aufmerksam. Sie hat ein eigenes Logo mit ihrer eigenen Marke entwickelt.
Mit überwältigendem Erfolg. Früher ist ihr das Geld einfach durch die Finger geronnen, da die
junge Mutter keinen Überblick über Einkünfte und Ausgaben hatte und das Geld in einer
Blechdose in der Küche aufbewahrte. Jetzt bringt sie ihren Gewinn zur Bank und hat einen
genauen Plan, was damit passieren soll. Dank der Unternehmerinnen Fortbildung ist sie nun
eine angesehene und erfolgreiche Geschäftsfrau. Sie hat ausreichend Einkünfte, um ihre
kleine Familie gut zu versorgen und entwickelt zukünftige Expansionspläne für ihr
Unternehmen.
Ein weitere junge Frau, Augustine, ebenfalls in der
Reisverarbeitung tätig, hat auch am SME BL
teilgenommen. Sie setzt sich dafür ein, dass mehr
lokal produzierter Reis genutzt wird, da dieser
nahrhafter und gut für die eigene Wirtschaft ist. Sie
hat bereits jetzt fünf Lehrlinge, die das Handwerk von
ihr lernen. Ihr lokal hergestellter parboiled Reis wird dank des im Rahmen des SME BL
ausgearbeiteten Marketings nun deutlich besser angenommen. Durch den erstellten
Businessplan hat sich auch bei Ihr einiges verändert. Nicht nur, dass ihr kleines Unternehmen
stetig wächst und sie die Zahlen im Blick hat, sondern auch Ihre Stellung in der Gesellschaft hat sich verändert, denn sie ist jetzt die Hauptverdienerin
ihrer Familie und kann ihren Kindern eine bessere Zukunft
ermöglichen. Dank des SME BL hat sie nun auch wieder
mehr Zeit für ihre Kinder, da es eine konkrete Planung gibt,
an die sich gehalten wird.
Eugenie betreibt ein kleines Unternehmen in der Sojaverarbeitung. Sie stellt unter anderem
Käse und Joghurt her. Ihr Ziel ist es, ein größeres Unternehmen mit mehreren Mitarbeitern
aufzubauen, um viele erschwingliche Sojaprodukte herstellen zu können, um so der Mangelund Unterernährung in ihrem Land zu begegnen. Hierzu muss man wissen, dass Soja in Benin
als das „Fleisch der armen Leute“ bekannt ist. Soja ist eine günstige Eiweiß-Protein-Quelle,
die sehr gesund ist. Auch Eugenie hat vom SME BL profitiert und unter anderem, neben den
bereits genannten Vorteilen, wie zum Beispiel der Erstellung eines Businessplans und
Buchführung, gelernt, wie sie ihr Produkt besser platzieren und von anderen abgrenzen kann.
Auch ihre Stellung innerhalb der Familie und innerhalb der
Gesellschaft hat sich stark verändert, da sie nun eine
erfolgreiche Unternehmerin ist und ihr eigenes Geld
verdient. Mit Hilfe der Businessplanung ist es ihr möglich,
Familie und Unternehmen unter einen Hut zu bekommen
und nebenbei sogar erfolgreich zu sein.
Die grünen Innovationzentren in Benin sorgen also unter anderem dafür, dass
Unternehmerinnen ihre Stellung in der Familie und Gesellschaft verbessern können und durch
eine verbesserte Planung ihren Familien gerecht werden, eine bessere Zukunft bieten und ihr
Unternehmen leiten können.
Da ihre Unternehmen jetzt professionalisiert sind und über einen langfristigen Businessplan
verfügen, können die Unternehmrinnen gut ihren familiären Verpflichtungen nachkommen und
gleichzeitig ein erfolgreiches Unternehmen aufbauen. Des Weiteren nehmen sie eine
Vorreiter- und Vorbildrolle für andere Frauen ein. Viele ausgebildete Frauen, die den SME BL
durchlaufen haben, möchten ihr handwerkliches Wissen weitergeben und nehmen Lehrlinge
in ihren Betrieben auf. Dies bietet den Jugendlichen eine Perspektive und andere Frauen
finden in den Betrieben Arbeit, was wiederrum Ihre Stellung verbessert. ProCIVA und der
Ansatz des SME BL tragen also maßgeblich zu einer Besserstellung der Frauen in Benin bei.